Gehören mit Partizip II: Unterschied zwischen den Versionen
Zeile 3: | Zeile 3: | ||
Mit der Verbindung einer Form von ''gehören'' und dem Partizip II eines anderen Verbs kann man im Deutschen ausdrücken, dass etwas notwendig ist: ''Jedwede Spekulation '''gehört verboten'''''. (Salzburger Nachrichten). An ihre Stelle kann man eine Fügung mit ''müssen'' oder ''sollen'' und eine [https://grammis.ids-mannheim.de/terminologie/183 Passivkonstruktion] setzen. Obiges Beispiel entspricht also ungefähr dem Satz: ''Jedwede Spekulation muss'' / ''sollte verboten werden''. | Mit der Verbindung einer Form von ''gehören'' und dem Partizip II eines anderen Verbs kann man im Deutschen ausdrücken, dass etwas notwendig ist: ''Jedwede Spekulation '''gehört verboten'''''. (Salzburger Nachrichten). An ihre Stelle kann man eine Fügung mit ''müssen'' oder ''sollen'' und eine [https://grammis.ids-mannheim.de/terminologie/183 Passivkonstruktion] setzen. Obiges Beispiel entspricht also ungefähr dem Satz: ''Jedwede Spekulation muss'' / ''sollte verboten werden''. | ||
− | In der Fachliteratur wird gelegentlich angenommen, dass die Konstruktionen mit ''gehören'' + Partizip II vorwiegend in "saloppen" oder "umgangssprachlichen" Situationen verwendet werden.<ref>Vgl. {{Kapitälchen|Ammon}}, Ulrich u.a. (Hrsg.) (2016): ''Variantenwörterbuch des Deutschen. Die Standardsprache in Österreich, der Schweiz, Deutschland, Liechtenstein, Luxemburg, Ostbelgien und Südtirol sowie Rumänien, Namibia und Mennonitensiedlungen.'' 2., völlig neu bearbeitete und erweiterte Auflage. Berlin/Boston: de Gruyter, S. 268. <br>{{Kapitälchen|Duden}} (2016): ''Das Wörterbuch der sprachlichen Zweifelsfälle. Richtiges und gutes Deutsch.'' 8., vollständig überarbeitete Auflage. Berlin: Dudenverlag (= Band 9), S. 356. <br>{{Kapitälchen|Ebner}}, Jakob (2009): ''Duden - Wie sagt man in Österreich? Wörterbuch des österreichischen Deutsch''. 4., vollständig überarbeitete Auflage. Mannheim u.a.: Dudenverlag, S. 141.</ref> Das kann durch die [[ | + | In der Fachliteratur wird gelegentlich angenommen, dass die Konstruktionen mit ''gehören'' + Partizip II vorwiegend in "saloppen" oder "umgangssprachlichen" Situationen verwendet werden.<ref>Vgl. {{Kapitälchen|Ammon}}, Ulrich u.a. (Hrsg.) (2016): ''Variantenwörterbuch des Deutschen. Die Standardsprache in Österreich, der Schweiz, Deutschland, Liechtenstein, Luxemburg, Ostbelgien und Südtirol sowie Rumänien, Namibia und Mennonitensiedlungen.'' 2., völlig neu bearbeitete und erweiterte Auflage. Berlin/Boston: de Gruyter, S. 268. <br>{{Kapitälchen|Duden}} (2016): ''Das Wörterbuch der sprachlichen Zweifelsfälle. Richtiges und gutes Deutsch.'' 8., vollständig überarbeitete Auflage. Berlin: Dudenverlag (= Band 9), S. 356. <br>{{Kapitälchen|Ebner}}, Jakob (2009): ''Duden - Wie sagt man in Österreich? Wörterbuch des österreichischen Deutsch''. 4., vollständig überarbeitete Auflage. Mannheim u.a.: Dudenverlag, S. 141.</ref> Das kann durch die [[Datenerhebung|Variantengrammatik]] nicht bestätigt werden, vielmehr zeigt sich, dass solche Konstruktionen sehr wohl auch in der geschriebenen Standardsprache verwendet werden. Dies ist vor allem in A der Fall, seltener auch in D. In den übrigen Arealen des deutschsprachigen Gebiets ist diese Verbindung im Gebrauchsstandard allerdings tatsächlich kaum im Gebrauch. |
== Beispielbelege == | == Beispielbelege == |
Aktuelle Version vom 12. Dezember 2019, 11:20 Uhr
Frequenzangaben
Die prozentualen Werte entsprechen der relativen Auftretenshäufigkeit einer Variante innerhalb eines Sprachareals. | |
sporadisch | 4% und weniger |
kommt (selten) vor | 5%–20% |
gebräuchlich | 21%–50% |
üblich / mehrheitlich | 51%–95% |
(fast) ausnahmslos | 96%–100% |
* | unter Schwellenwert (absolute Belegzahl) |
Arealkürzel
A: Österreich
Vorarlberg (Vbg.), Tirol (inkl. Osttirol) (Tir.), Bezirk Zell am See/"Pinzgau" (Bundesland Salzburg)
Oberösterreich, Bundesland Salzburg (ohne
Kärnten, Steiermark
Wien, Niederösterreich, Burgenland BELG: Belgien
Rheinpfalz (Rheinland-Pfalz), Saarland, Baden-Württemberg
Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz (ohne Region Rheinpfalz), Hessen
Schleswig-Holstein, Hamburg, Bremen, Niedersachsen
Brandenburg (ohne Region Niederlausitz), Mecklenburg-Vorpommern, Berlin, alter Bezirk Magdeburg (Sachsen-Anhalt)
Sachsen, Thüringen, Region Niederlausitz (Brandenburg), alter Bezirk Halle (Saale) (Sachsen-Anhalt)
Bayern LIE: Liechtenstein |
Mit der Verbindung einer Form von gehören und dem Partizip II eines anderen Verbs kann man im Deutschen ausdrücken, dass etwas notwendig ist: Jedwede Spekulation gehört verboten. (Salzburger Nachrichten). An ihre Stelle kann man eine Fügung mit müssen oder sollen und eine Passivkonstruktion setzen. Obiges Beispiel entspricht also ungefähr dem Satz: Jedwede Spekulation muss / sollte verboten werden.
In der Fachliteratur wird gelegentlich angenommen, dass die Konstruktionen mit gehören + Partizip II vorwiegend in "saloppen" oder "umgangssprachlichen" Situationen verwendet werden.[1] Das kann durch die Variantengrammatik nicht bestätigt werden, vielmehr zeigt sich, dass solche Konstruktionen sehr wohl auch in der geschriebenen Standardsprache verwendet werden. Dies ist vor allem in A der Fall, seltener auch in D. In den übrigen Arealen des deutschsprachigen Gebiets ist diese Verbindung im Gebrauchsstandard allerdings tatsächlich kaum im Gebrauch.
Beispielbelege
- Akkus diverser Gartengeräte gehören frisch geladen, aneinanderreibende Elemente wie die Messer der Gartenscheren oder Handmäher gehören geölt und die Bewässerungströpfelei auseinandergenommen und verstaut. (Der Standard).
- In einem sind sich sowohl Regierung als auch Opposition einig: Die Regeln für einen Amtsverlust von Politikern im Falle vorsätzlicher Straftaten gehören reformiert. (Kronen Zeitung, Steiermark und Kärnten).
- Zudem sei das Dickicht an unterschiedlichen Förderungen kaum zu durchschauen, der "Förderdschungel" gehöre vereinfacht. (Tiroler Tageszeitung).
- Denn nicht nur die kognitiven Fähigkeiten eines Kindes gehören gefordert und gefördert, sondern auch die sozialen und physischen. (Neue Osnabrücker Zeitung).
- Diese Frauen haben für unsere Rechte gekämpft, das gehört gewürdigt. (Augsburger Allgemeine).
Karte und Frequenztabelle gehören + Partizip II
Arealkürzel |
---|
A: Österreich
Vorarlberg (Vbg.), Tirol (inkl. Osttirol) (Tir.), Bezirk Zell am See/"Pinzgau" (Bundesland Salzburg)
Oberösterreich, Bundesland Salzburg (ohne
Kärnten, Steiermark
Wien, Niederösterreich, Burgenland BELG: Belgien
Rheinpfalz (Rheinland-Pfalz), Saarland, Baden-Württemberg
Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz (ohne Region Rheinpfalz), Hessen
Schleswig-Holstein, Hamburg, Bremen, Niedersachsen
Brandenburg (ohne Region Niederlausitz), Mecklenburg-Vorpommern, Berlin, alter Bezirk Magdeburg (Sachsen-Anhalt)
Sachsen, Thüringen, Region Niederlausitz (Brandenburg), alter Bezirk Halle (Saale) (Sachsen-Anhalt)
Bayern LIE: Liechtenstein |
Spezielle Markierungen und Abkürzungen |
---|
Nähere Angaben zu den festgelegten Schwellenwerten finden sich hier. |
Korpus und Quellen |
---|
Das untersuchte Korpus umfasst knapp 600 Mio. Wörter und enthält Texte aus 68 Zeitungen des zusammenhängenden deutschsprachigen Raums (Zeitraum: 2000-2013). Für weitere Informationen zum Korpus, zum statistischen Vorgehen sowie zu den analysierten Zeitungen siehe hier. |
Rundungsdifferenzen |
---|
Es können Rundungsdifferenzen auftreten, in solchen Fällen ergibt die Summe der Prozentzahlen in einer Tabelle nicht genau 100%. |
Areal | gehören + Partizip II |
---|---|
LIE | 0% (k.B.) |
LUX | 0% (k.B.) |
BELG | 2% (u.S.) |
STIR | 4% (u.S.) |
CH | 1% (u.S.) |
D-nordwest | 2% |
A-ost | 27% |
D-nordost | 2% |
D-mittelost | 2% |
A-west | 19% |
D-südwest | 3% |
D-mittelwest | 3% |
A-mitte | 17% |
A-südost | 16% |
D-südost | 4% |
Einzelnachweise
- ↑ Vgl. Ammon, Ulrich u.a. (Hrsg.) (2016): Variantenwörterbuch des Deutschen. Die Standardsprache in Österreich, der Schweiz, Deutschland, Liechtenstein, Luxemburg, Ostbelgien und Südtirol sowie Rumänien, Namibia und Mennonitensiedlungen. 2., völlig neu bearbeitete und erweiterte Auflage. Berlin/Boston: de Gruyter, S. 268.
Duden (2016): Das Wörterbuch der sprachlichen Zweifelsfälle. Richtiges und gutes Deutsch. 8., vollständig überarbeitete Auflage. Berlin: Dudenverlag (= Band 9), S. 356.
Ebner, Jakob (2009): Duden - Wie sagt man in Österreich? Wörterbuch des österreichischen Deutsch. 4., vollständig überarbeitete Auflage. Mannheim u.a.: Dudenverlag, S. 141.
Siehe auch
- Grundlagenartikel: Flexion (oder direkt Unterkapitel Verbalflexion)
- Thematisch verwandte Artikel: Passivperiphrasen mit bekommen, erhalten, kriegen