Kompositum / Nicht-Kompositum bei Substantiven
Frequenzangaben
Die prozentualen Werte entsprechen der relativen Auftretenshäufigkeit einer Variante innerhalb eines Sprachareals. | |
sporadisch | 4% und weniger |
kommt (selten) vor | 5%–20% |
gebräuchlich | 21%–50% |
üblich / mehrheitlich | 51%–95% |
(fast) ausnahmslos | 96%–100% |
* | unter Schwellenwert (absolute Belegzahl) |
Arealkürzel
A: Österreich
Vorarlberg (Vbg.), Tirol (inkl. Osttirol) (Tir.), Bezirk Zell am See/"Pinzgau" (Bundesland Salzburg)
Oberösterreich, Bundesland Salzburg (ohne
Kärnten, Steiermark
Wien, Niederösterreich, Burgenland BELG: Belgien
Rheinpfalz (Rheinland-Pfalz), Saarland, Baden-Württemberg
Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz (ohne Region Rheinpfalz), Hessen
Schleswig-Holstein, Hamburg, Bremen, Niedersachsen
Brandenburg (ohne Region Niederlausitz), Mecklenburg-Vorpommern, Berlin, alter Bezirk Magdeburg (Sachsen-Anhalt)
Sachsen, Thüringen, Region Niederlausitz (Brandenburg), alter Bezirk Halle (Saale) (Sachsen-Anhalt)
Bayern LIE: Liechtenstein |
Allgemeines zum Variantenphänomen
Die Komposition, auch Zusammensetzung genannt, ist ein beliebtes Wortbildungsverfahren im Deutschen. Dabei werden zwei selbstständig vorkommende Wörter (z. B. Fuß, Ball) zu einem neuen Lexem zusammengesetzt (Fußball). Im Unterschied dazu bestehen nicht zusammengesetzte Substantive (also Nicht-Komposita) aus nur einer selbstständigen Einheit. Nicht-Komposita sind beispielsweise Ableitungen, die gebildet werden, indem an ein selbstständig vorkommendes Wort (z. B. Enkel, schön) ein Präfix (Urenkel) oder ein Suffix (Schönheit) angefügt wird.
Bei einigen Substantiven stehen zusammengesetzte und nicht zusammengesetzte Varianten ohne Bedeutungsunterschied nebeneinander, werden aber areal unterschiedlich gebraucht. Dies trifft etwa auf Mohrrübe / Möhre oder Verhandlungspartner / Verhandler zu: So wird einerseits gesichert, dass es über einen langen Zeitraum frische Mohrrüben gibt. (Mitteldeutsche Zeitung). Zusätzlich komme die Dame seither jede Woche auf den Hof und bringt den Tieren frische Möhren. (Rheinische Post). Streit aber scheint es zwischen den Verhandlungspartnern nicht zu geben. (Nordkurier). Jetzt reden die Verhandler wenigstens wieder miteinander. (Der Standard).
Detaillierte Informationen zur arealen Variation dieser und weiterer, unten angeführter Substantivvarianten können den entsprechenden Einzelartikeln entnommen werden.
Weitere Varianten
In der Fachliteratur wird hin und wieder auch für folgende Substantive, die als zusammengesetzte oder nicht zusammengesetzte Varianten vorkommen, ausgesagt, dass sie je nach Sprachareal unterschiedlich verwendet würden: Bratentopf (D) / Bräter (A, D) / Brattopf (CH)[1], Bummelzug (A, D) / Bummler (CH)[2], Geselchtes (A, D-südost) / Selchfleisch (A, D-südost)[3], Kälberne (A, D-südost) / Kalbfleisch (überall)[4], Plätte (D-mittelost, D-nordost) / Plätteisen (D-nord) ('Bügeleisen')[5], Platten (CH, D) / Plattfuß (D) bzw. Plattfuss (CH)[6], Reibe (D (ohne D-südost)) / Reibeisen (A, D-mittelost, D-süd)[7], Schöpfer (A, in D selten) / Schöpflöffel (überall)[8], Schweinefleisch (überall) / Schweinerne (A, D-südost)[9], Spülbecken (überall) / Spüle (D-mitte, D-nord) / Spültrog (CH)[10], Teilzeitbeschäftigter, Vollzeitbeschäftigter (überall) / Teilzeiter, Vollzeiter (CH)[11], Trute (CH) / Truthenne (überall)[12], Wagenbauer (überall) / Wagner (A, CH, D-süd)[13], Walsche (CH) / Welsche (CH) / Welschland (CH)[14] und Zipp (A) / Zipper (D) / Zippverschluss (A)[15]. Von der Variantengrammatik kann das jedoch nicht bestätigt werden.
Einzelnachweise
- ↑ Ammon, Ulrich u.a. (Hrsg.) (2016): Variantenwörterbuch des Deutschen. Die Standardsprache in Österreich, der Schweiz, Deutschland, Liechtenstein, Luxemburg, Ostbelgien und Südtirol sowie Rumänien, Namibia und Mennonitensiedlungen. 2., völlig neu bearbeitete und erweiterte Auflage. Berlin/Boston: de Gruyter, S. 130.
- ↑ Ammon, Ulrich u.a. (Hrsg.) (2016): Variantenwörterbuch des Deutschen. Die Standardsprache in Österreich, der Schweiz, Deutschland, Liechtenstein, Luxemburg, Ostbelgien und Südtirol sowie Rumänien, Namibia und Mennonitensiedlungen. 2., völlig neu bearbeitete und erweiterte Auflage. Berlin/Boston: de Gruyter, S. 140.
- ↑ Ammon, Ulrich u.a. (Hrsg.) (2016): Variantenwörterbuch des Deutschen. Die Standardsprache in Österreich, der Schweiz, Deutschland, Liechtenstein, Luxemburg, Ostbelgien und Südtirol sowie Rumänien, Namibia und Mennonitensiedlungen. 2., völlig neu bearbeitete und erweiterte Auflage. Berlin/Boston: de Gruyter, S. 281.
- ↑ Ammon, Ulrich u.a. (Hrsg.) (2016): Variantenwörterbuch des Deutschen. Die Standardsprache in Österreich, der Schweiz, Deutschland, Liechtenstein, Luxemburg, Ostbelgien und Südtirol sowie Rumänien, Namibia und Mennonitensiedlungen. 2., völlig neu bearbeitete und erweiterte Auflage. Berlin/Boston: de Gruyter, S. 362.
Ebner, Jakob (2009): Duden - Wie sagt man in Österreich? Wörterbuch des österreichischen Deutsch. Mannheim u.a.: Dudenverlag, S. 176. - ↑ Ammon, Ulrich u.a. (Hrsg.) (2016): Variantenwörterbuch des Deutschen. Die Standardsprache in Österreich, der Schweiz, Deutschland, Liechtenstein, Luxemburg, Ostbelgien und Südtirol sowie Rumänien, Namibia und Mennonitensiedlungen. 2., völlig neu bearbeitete und erweiterte Auflage. Berlin/Boston: de Gruyter, S. 545.
- ↑ Ammon, Ulrich u.a. (Hrsg.) (2016): Variantenwörterbuch des Deutschen. Die Standardsprache in Österreich, der Schweiz, Deutschland, Liechtenstein, Luxemburg, Ostbelgien und Südtirol sowie Rumänien, Namibia und Mennonitensiedlungen. 2., völlig neu bearbeitete und erweiterte Auflage. Berlin/Boston: de Gruyter, S. 545.
- ↑ Ammon, Ulrich u.a. (Hrsg.) (2016): Variantenwörterbuch des Deutschen. Die Standardsprache in Österreich, der Schweiz, Deutschland, Liechtenstein, Luxemburg, Ostbelgien und Südtirol sowie Rumänien, Namibia und Mennonitensiedlungen. 2., völlig neu bearbeitete und erweiterte Auflage. Berlin/Boston: de Gruyter, S. 586.
- ↑ Ammon, Ulrich u.a. (Hrsg.) (2016): Variantenwörterbuch des Deutschen. Die Standardsprache in Österreich, der Schweiz, Deutschland, Liechtenstein, Luxemburg, Ostbelgien und Südtirol sowie Rumänien, Namibia und Mennonitensiedlungen. 2., völlig neu bearbeitete und erweiterte Auflage. Berlin/Boston: de Gruyter, S. 644.
- ↑ Ammon, Ulrich u.a. (Hrsg.) (2016): Variantenwörterbuch des Deutschen. Die Standardsprache in Österreich, der Schweiz, Deutschland, Liechtenstein, Luxemburg, Ostbelgien und Südtirol sowie Rumänien, Namibia und Mennonitensiedlungen. 2., völlig neu bearbeitete und erweiterte Auflage. Berlin/Boston: de Gruyter, S. 660.
Ebner, Jakob (2009): Duden - Wie sagt man in Österreich? Wörterbuch des österreichischen Deutsch. Mannheim u.a.: Dudenverlag, S. 176. - ↑ Ammon, Ulrich u.a. (Hrsg.) (2016): Variantenwörterbuch des Deutschen. Die Standardsprache in Österreich, der Schweiz, Deutschland, Liechtenstein, Luxemburg, Ostbelgien und Südtirol sowie Rumänien, Namibia und Mennonitensiedlungen. 2., völlig neu bearbeitete und erweiterte Auflage. Berlin/Boston: de Gruyter, S. 695.
Meyer, Kurt (2006): Schweizer Wörterbuch. So sagen wir in der Schweiz. Frauenfeld: Huber, S. 243. - ↑ Ammon, Ulrich u.a. (Hrsg.) (2016): Variantenwörterbuch des Deutschen. Die Standardsprache in Österreich, der Schweiz, Deutschland, Liechtenstein, Luxemburg, Ostbelgien und Südtirol sowie Rumänien, Namibia und Mennonitensiedlungen. 2., völlig neu bearbeitete und erweiterte Auflage. Berlin/Boston: de Gruyter, S. 739 und 797.
Bickel, Hans / Landolt, Christoph (2012): Schweizerhochdeutsch: Wörterbuch der Standardsprache in der deutschen Schweiz. Mannheim u.a.: Dudenverlag, S. 70. - ↑ Ammon, Ulrich u.a. (Hrsg.) (2016): Variantenwörterbuch des Deutschen. Die Standardsprache in Österreich, der Schweiz, Deutschland, Liechtenstein, Luxemburg, Ostbelgien und Südtirol sowie Rumänien, Namibia und Mennonitensiedlungen. 2., völlig neu bearbeitete und erweiterte Auflage. Berlin/Boston: de Gruyter, S. 756.
Bickel, Hans / Landolt, Christoph (2012): Schweizerhochdeutsch: Wörterbuch der Standardsprache in der deutschen Schweiz. Mannheim u.a.: Dudenverlag, S. 71. - ↑ Ammon, Ulrich u.a. (Hrsg.) (2016): Variantenwörterbuch des Deutschen. Die Standardsprache in Österreich, der Schweiz, Deutschland, Liechtenstein, Luxemburg, Ostbelgien und Südtirol sowie Rumänien, Namibia und Mennonitensiedlungen. 2., völlig neu bearbeitete und erweiterte Auflage. Berlin/Boston: de Gruyter, S. 820f.
Bickel, Hans / Landolt, Christoph (2012): Schweizerhochdeutsch: Wörterbuch der Standardsprache in der deutschen Schweiz. Mannheim u.a.: Dudenverlag, S. 807. - ↑ Ammon, Ulrich u.a. (Hrsg.) (2016): Variantenwörterbuch des Deutschen. Die Standardsprache in Österreich, der Schweiz, Deutschland, Liechtenstein, Luxemburg, Ostbelgien und Südtirol sowie Rumänien, Namibia und Mennonitensiedlungen. 2., völlig neu bearbeitete und erweiterte Auflage. Berlin/Boston: de Gruyter, S. 820f.
Bickel, Hans / Landolt, Christoph (2012): Schweizerhochdeutsch: Wörterbuch der Standardsprache in der deutschen Schweiz. Mannheim u.a.: Dudenverlag, S. 77. - ↑ Ammon, Ulrich u.a. (Hrsg.) (2016): Variantenwörterbuch des Deutschen. Die Standardsprache in Österreich, der Schweiz, Deutschland, Liechtenstein, Luxemburg, Ostbelgien und Südtirol sowie Rumänien, Namibia und Mennonitensiedlungen. 2., völlig neu bearbeitete und erweiterte Auflage. Berlin/Boston: de Gruyter, S. 842.
Weiterführende Literatur
- Eichinger, Ludwig M. (2011): Wortbildungssprachenadäquate Informationsverdichtungsstrategien. Wortbildung und Syntax in der Nominalphrase. In: Elsen, Hilke / Michel, Sascha (Hrsg.): Wortbildung im Deutschen zwischen Sprachsystem und Sprachgebrauch. Perspektiven – Analysen – Anwendungen. Stuttgart: Ibidem (= Perspektiven germanistischer Linguistik 5), S. 165–190.
- Elsen, Hilke / Michel, Sascha (Hrsg.) (2011): Wortbildung im Deutschen zwischen Sprachsystem und Sprachgebrauch. Perspektiven – Analysen – Anwendungen. Stuttgart: Ibidem (= Perspektiven germanistischer Linguistik 5).
- Gaeta, Livio / Schlücker, Barbara (2012): Das Deutsche als kompositionsfreudige Sprache. Strukturelle Eigenschaften und systembezogene Aspekte. Berlin: de Gruyter (= Linguistik – Impulse & Tendenzen 46).
- Michel, Sascha / Tóth, Jozséf (2014): Wortbildungssemantik zwischen Langue und Parole. Semantische Produktions- und Verarbeitungsprozesse komplexer Wörter. Stuttgart: Ibidem (= Perspektiven germanistischer Linguistik 10).
Siehe auch
- Grundlagenartikel: Wortbildung (oder direkt Unterkapitel Komposition)
- Einzelartikel: Abschürfung / Schürfung / Schürfwunde, Anleitung / Wegleitung, Bewerb / Wettbewerb, Hanseat / Hansestädter, Kreisel / Verkehrskreisel, Marathon / Marathonlauf, Mittelsmann / Mittler, Vermittler, Möhre / Mohrrübe, Mure / Murgang, Parkgarage / Parkhaus / Parking, Parte / Partezettel, Primar / Primararzt / Primarius, Säge / Sägerei / Sägewerk, Schnauz / Schnauzbart / Schnauzer / Schnäuzer, Verhandler / Verhandlungspartner
- Thematisch verwandte Artikel: Kompositum / Nicht-Kompositum bei Adjektiven
Verfasst von Anna Thurner